Auf einem Spaziergang durch den durchgrünten Stadtkörper an der ehemaligen Grenze zwischen der Hansestadt und Wandsbek durchschreitet man ein terrain vague, das über die Zeit fragmentarische Bebauungscluster und gesellschaftliche Bedürfnisse aufgenommen hat. In unseren Köpfen entsteht ein komplexer und eigenwilliger Landschaftsgarten, der die Poesie wie die Tristesse des Alltags in sich trägt.
Als Impuls für einen Transformationsprozess soll ein gezielter Eingriff dieses Bild zugänglich machen und so die Ausgangslage für eine räumliche wie atmosphärische Verdichtung schaffen. Wir fügen einen Palast ein. Er ordnet den Kontext neu und schreibt ihm eine veränderte Bedeutung zu. Aus ihm eröffnet sich der Blick auf die vorgefundene Landschaft. Sie gehört dann ein Stück weit denen, die sie erkennen.
Alle Bewohnerinnen und Bewohner haben im Palast ihr eigenes Vestibül: die Loggia. Über einen räumlich abgeschlossenen Vorplatz erschliessen sie individuell ihr Zuhause. Rückzug und Selbstbestimmung sind möglich. Daheim bin ich König. Gleichzeitig verbindet die Loggia alle Wohnungen über untergeordnete Treppen. Nachbarn könnten durch sie wandeln und sich besuchen. Oder darin fangen spielen. Je mehr die Hausgemeinschaft als solche zusammenwächst, desto lebendiger und unerwarteter wird dieser Freiraum genutzt.
Gegensätze finden im Palast ihre Entsprechung: Abkapselung und Begegnung, Unabhängigkeit und Dialog, Gemeinsamkeit und Differenz. Im Palast herrscht Gleichheit und Vielfalt. Alle Wohneinheiten werden gleich erschlossen. Alle Zimmer orientieren sich in die gleiche Richtung. Und doch ermöglichen unterschiedliche Raumstrukturen und Einheitsgrössen eine grosse Varianz an Wohnformen in einem Haus. Zum Siedlungsraum hin, direkt an der Loggia, liegen schliesslich über die Geschosse eine Vielzahl privater Säle. Manche sind überhoch. Die jenigen im Erdgeschoss sind offen fürs Quartier. Auf diese Weise zeigt sich der angeeignete Palast nach Aussen als heterogenes Ganzes. Der oder die Einzelne verliert sich in seiner Grösse – und ist doch essentieller Teil davon.
Wohnen - und was noch?
Städtebauliches und architektonisches Konzeptfindungsverfahren zur Weiterentwicklung der genossenschaftlichen Siedlungsbestände der 1950er bis 1970er Jahre in Hamburg
Einladungsverfahren, 2019, Hamburg
Auftraggeberin: Hansa Baugenossenschaft in Zusammenarbeit mit der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, Amt für Landesplanung und Stadtentwicklung
Team:
Donet Schäfer Reimer Architekten
USUS Landschaftsarchitektur